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05.05.2025

„Die versöhnende Kraft der Arbeit“: Zum neuen Impulspapier der DBK

Foto: pixabay

Die KAB ist traditionell bei Wallfahrten und Gottesdiensten dabei. Foto: Geraldo Hofmann/pde

Arbeite ich, um zu leben oder lebe ich, um zu arbeiten? „Das ist die Frage, über die wir schon damals in der CAJ diskutiert haben“, erinnert sich Kurt Schmidt, der 1982 in die Christliche Arbeiterjugend. die Jugendorganisation der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), eingetreten war. Heute ist Schmidt KAB-Diözesansekretär und sagt: „Für mich ist Arbeit Teil des Lebens“. Eine Aussage, wie sie sich auch in einem neuen Impulspapier findet, das die Deutsche Bischofskonferenz kürzlich gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg vorgestellt hat. „Die versöhnende Kraft der Arbeit“, lautet der Titel der Denkschrift mit sieben Kapiteln zu Wert und Würde der Arbeit vor dem Hintergrund aktueller Tendenzen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt, von Künstlicher Intelligenz über Werksschließungen bis zu den Auswirkungen des aktuellen Handelskriegs um Zölle. Entwicklungen, die auch bei Kundgebungen am 1. Mai zur Sprache kommen werden, dem „Tag der Arbeit“.

Würde der menschlichen Arbeit

Ins Leben gerufen 1886 in den USA, um an die Opfer eines großen Arbeiteraufstands zu erinnern, wurde der „Tag der Arbeit“ ab 1890 auch von der Arbeiterbewegung im Deutschen Reich als „Protest- und Gedenktag“ begangen. Nur ein Jahr später veröffentlichte Papst Leo XIII. seine berühmte Sozialenzyklika „Rerum Novarum“. 1955 begann die Kirche am 1. Mai, dem Fest der Patrona Bavariae, den Blick auch auf die Arbeiterschaft zu richten: Papst Pius XII. begründete den Gedenktag „Josef der Arbeiter“, der auf die Würde der menschlichen Arbeit verweisen soll. Viele KAB-Ortsvereine gestalten an diesem Tag Gottesdienste, der Bundesverband formuliert auch handfeste Statements. So heißt es in der diesjährigen Erklärung der KAB zum 1. Mai: „Arbeitnehmende in allen Arbeitsbereichen müssen sich auf die Einhaltung von Regeln verlassen können. Die Diskussion der vergangenen Wochen über weitere Arbeitszeitflexibilisierung, finanzielle Anreize bei Überstunden oder gar die Streichung von Feiertagen führen davon weg“.

Arbeitszeiten, Mindestlöhne, faire Konditionen, für solche konkreten Anliegen setze sich die KAB ein, meint deren Eichstätter Diözesanvorsitzender Andreas Holl. Das Impulspapier der Bischofskonferenz mit Thesen wie „Arbeit erfüllt, verbindet – und hält zusammen!“, „Arbeit ist Teil des Lebens – und nicht sein Gegenspieler“ oder „Arbeit ermöglicht Teilhabe – und braucht Befähigung“ werfe dagegen einen generellen und, so sein erster Eindruck, idealistischen Blick auf die Arbeitswelt, weil Arbeitnehmer die Rahmenbedingungen „manchmal gar nicht beeinflussen können“. Dennoch lade das Papier zur Diskussion ein, findet Holl und nennt als Beispiel die Reduzierung von Arbeitszeit, die gerade jüngeren Menschen als erstrebenswert erscheint. Seinem jüngsten Sohn etwa, 31 Jahre alt und ebenfalls ehrenamtlich in der KAB engagiert. Der studierte Grafikdesigner ist im Hinblick auf seine zu erwartende Rente sehr pessimistisch. „Dann lieber jetzt eine Vier-Tage-Woche und mehr Freizeit“, zeigt der Vater Verständnis für die Haltung des Sohnes.

Früher, überlegt er, „hat man diese Einstellung nicht gehabt“. Holl, mittlerweile im Ruhestand, hat viele Jahre bei einer Bank gearbeitet. „Verdienen, für die Familie sorgen, das war im Fokus“, sagt der vierfache Vater. Und an vorderster Karrierefront waren die Männer. Holl erinnert sich an eine Bank-Kundschaft die sich von einer Kollegin „obwohl sie gut war“ nicht in Wertpapiergeschäften beraten lassen wollte. Sie verlangten ausdrücklich nach einem männlichen Berater. „Das war Anfang der 1980er-Jahre“.

 

Die KAB ist traditionell bei Wallfahrten und Gottesdiensten dabei. Foto: Geraldo Hofmann.

„Eng getaktetes“ Leben

Heute gehen in vielen jungen Familien beide Partner gleichberechtigt einem Beruf nach. „Bei uns war es so, dass meine Frau lange für die Kinder da war“, erzählt Holl. „Heute ist das anders. Da wird organisiert, da werden Uhrzeiten abgestimmt. Wer fährt die Kinder wohin? Da herrscht eine andere Taktung“. Dieses enge zeitliche Korsett sei auch der Grund dafür, „dass wir weniger Freiwillige für das Ehrenamt haben“. Also für eine Aufgabe im Leben, die nicht weniger sinnstiftend als die Arbeit ist, kommt Holl auf das Impulspapier zurück. Bei dessen Vorstellung hatte Bischof Dr. Heiner Wilmer, Vorsitzender der DBK-Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen, festgestellt: „Arbeit ist mehr als ein Job. Sie ist das Rückgrat unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts“. Arbeit, so Wilmer, stifte Gemeinschaft: „Es entsteht ein Wir-Gefühl, wenn alle ihre persönlichen Stärken und Fähigkeiten einbringen“. Ein Aspekt, den auch Regina Soremba-Böxkes hervorhebt. „Arbeit stärkt meine sozialen Kontakte und ich bin Teil einer Gemeinschaft“, sagt Holls Eichstätter Vorstandskollegin, die auch Landesvorsitzende der KAB in Bayern ist.

Dass Arbeit der Sinnerfüllung dient, ist auch für Kurt Reinelt, Betriebsseelsorger der Diözese Eichstätt, eine entscheidende Aussage im Impulspapier. Ihm komme aber der schöpferische Wert als „Göttlicher Mitschöpfer und Gottes Abbild“ etwas zu kurz: „Biblisch haben wir nicht primär den Auftrag zu anstrengender Arbeit (im Schweiße Deines Angesichts...), sondern zum Hegen und Pflegen, kreativen Umgang mit der Natur und Erfindungen zum Mitplanen, Mitproduzieren und zum Mitverteilen.“ Auch wenn es die weltweite und betriebsinterne Arbeitsteilung heute natürlich immer schwerer und unübersichtlicher mache, „den eigenen Beitrag in der Arbeit am Endprodukt und an der Gesamtdienstleistung zu sehen und wertzuschätzen oder wertgeschätzt zu bekommen“.

Was für Arbeitnehmer aber noch weit schwerer wiegt, ist Stellenabbau, wie es ihn aktuell im Bistum Eichstätt sogar bei Audi und Siemens gibt. „Aber hier bestehen langjährige Tarif- und Betriebsvereinbarungen zur Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen, zu Freiwilligenprogrammen mit guten Abfindungen einschließlich zum Wechsel in andere Betriebe oder in die Altersfreizeit“, erläutert Reinelt. Auch in vielen anderen Betrieben komme es zu Regelungen, bei denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer „ mit einem blauen Auge“ davonkämen. Für etwa ein Drittel der Betroffenen aber, so Reinelts Schätzung, führe der Verlust des Arbeitsplatzes zu „zwei blauen Augen, also auch Wohlstands- und Gesundheitsverlust, unschönen Erlebnissen und vielen inneren Tränen. Diese versuche ich natürlich wahrzunehmen“. Neben heilenden Aspekten haben für den Betriebsseelsorger aber vor allem die präventiven Möglichkeiten in den Betrieben Priorität, „damit es nicht erst zu Abmahnungen, Zwangsversetzungen, Kündigungen, Abteilungs- oder Standortschließungen kommt“.

„Work-Life“ oder „Life-Work“?

Angesprochen auf die „Work-Life-Balance“, auf die das Impulspapier eingeht, meint Reinelt: „Der Begriff hat meines Erachtens die verkehrte Reihenfolge: Es müsste heißen, Life-Work-Balance’, denn wir arbeiten um zu leben und nicht umgekehrt. Ein gute Life-Work-Balance bedeutet primär ‘Zeitwohlstand" und da sind planbare gute Arbeitszeiten sehr wichtig.“ Die Belastungen in der Arbeitswelt, stellt der Betriebsseelsorger fest, seien „inzwischen überwiegend psychischer Art, Stress mit Kollegen und Führungskultur“.

Gut am Impulspapier findet Reinelt, dass es den Blick auch auf die Berufsausbildung lenkt und eine Gesellschaft fordert, die benachteiligte jungen Menschen fördert und ihnen ermöglicht, ihr Leistungspotential zu entwickeln. Er selbst erlebe in Gesprächen mit jüngeren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern „eine hohe und realistische Arbeitsmotivation“ und die Bereitschaft zur Weiterqualifikation.

Text: Gabi Gess


Das Papier der Bischofskonferenz gibt es hier als Download

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10.00 Uhr
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Veranstalter: Franziskanerkloster Freystadt
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Veranstalter: Katholische Erwachsenenbildung (KEB) Neumarkt-Roth-Schwabach
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Donnerstag, 03. Juli
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Franziskanische Gemeinschaft - III. Orden
Ort: Wallfahrtskirche Maria Hilf Freystadt
Veranstalter: Franziskanerkloster Freystadt