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31.03.2022

Junge Menschen erheblich belastet: Kriegsängste bei Kindern und Jugendlichen

Dr. Thomas Schnelzer hält es für wichtig, mit Kindern über Ängste angesichts des Ukraine-Krieges offen zu sprechen. Foto: Caritas/Esser

Wie wirkt sich der Ukraine-Krieg auf Kinder und Jugendliche aus und was sollten Erziehungsverantwortliche tun? Dazu hat sich der Diplom-Psychologe und -Theologe sowie  Psychologische Psychotherapeut PD Dr. Thomas Schnelzer geäußert. Er ist Leiter der Caritas-Erziehungsberatungsstelle in Neumarkt, Sprecher für den Bereich Erziehungsberatung beim Caritasverband für die Diözese Eichstätt und Privatdozent für Pastoraltheologie und -psychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.


Erfahren Sie, dass Kinder und Jugendliche sich mit dem Ukraine-Krieg beschäftigen?

Dieser schreckliche Krieg ist für Kinder und Jugendliche fraglos ein großes Thema. Es beherrscht die Nachrichten auf allen Kanälen, aber auch die persönlichen Gespräche. Niemand kann sich diesem furchtbaren Geschehen entziehen, auch wenn junge Menschen teilweise so tun, als ob nichts geschehen würde. Allen solchen Verdrängungsversuchen zum Trotz dürfen wir davon ausgehen: Zumindest unbewusst werden die jungen Menschen erheblich belastet und entwickeln nicht selten existentielle Ängste. Auch für die Beratungsarbeit gilt, dass das Thema Krieg, ob angesprochen oder nicht, in massiver Weise präsent ist.

Wie reagieren die Kinder auf den Krieg?

Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich: Die einen tun, wie schon gesagt, so, als ob nichts wäre, andere wiederum sprechen offen über ihre Ängste. Neulich sagte mir eine 13-jährige: „Erst Corona, dann dieser verdammte Krieg. Und für die Schule lernen sollen wir auch noch!“ Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurde deutlich, dass das Mädchen befürchtete, auch Deutschland könnte von den Russen angegriffen werden.

Wie sollten Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer damit umgehen?

In jedem Fall ist es wichtig, über die Ängste angesichts des Ukraine-Krieges offen zu sprechen. Es ist psychologisch gesichert, dass sich belastende Gefühle abmildern und aufhellen, wenn es gelingt, diese zu benennen und auszudrücken. Zugleich sollten klare Informationen zur tatsächlichen Situation gegeben werden, die den Wirklichkeitsbezug stärken. Das bedeutet, dass jungen Menschen klar gemacht werden muss: Wir sind als Deutsche nicht direkt am Krieg beteiligt. Trotz aller medialen Präsenz ist das Kriegsgeschehen nicht in unserer unmittelbaren Nähe. Außerdem gilt es, verständlich zu machen: Wir leben in einer freiheitlichen Demokratie, die in den Nato-Staaten wehrhafte und zugleich treue Verbündete hat. So äußerte eine 12-jährige Schülerin, wie ich erfahren habe, im Rahmen eines Unterrichtsgesprächs zum Ukraine-Krieg: „Wenn Putin uns angreift, bekommt er von der Nato eins aufs Maul!“ Diese Aussage zeigt bei aller Ruppigkeit im Ausdruck, dass eine psychologisch entlastende Deutung des Kriegsgeschehens vorhanden war. Neben einer berechtigten Wut, die angemessen und zugleich gesünder ist als Passivität und Hilflosigkeit, kommt in dieser Aussage klar zum Ausdruck: „Ja, ich bin in Sorge, aber ich weiß: Durch glaubhafte Abschreckung sind wir geschützt.“ In diesem Zusammenhang darf auch darauf hingewiesen werden, dass die ukrainische Armee den russischen Invasoren bislang mit Erfolg Widerstand leistet. Auch das sind Informationen, die Hoffnung machen können. Falls sich junge Menschen anhaltend psychisch belastet präsentieren, sollte professionelle Hilfe eingeleitet werden.  Die Kontaktdaten unsere Erziehungsberatungsstelle finden sich unter www.erziehungsberatung-neumarkt.de

Angesichts der vielen schrecklichen Informationen aus dem Kriegsgebiet: Könnte es nicht trotzdem wichtig sein, mit Kindern etwas Schönes zu unternehmen, um diese abzulenken?

Das würde ich ausdrücklich unterschreiben. Jungen Menschen sollte so viel Normalität wie möglich geboten werden, um deutlich zu machen: Der Krieg ist schrecklich, dennoch darf es sein, bei aller Anteilnahme schöne Stunden zu erleben. Andernfalls könnten negative Gefühle wie Angst, Sorge und Niedergeschlagenheit die Oberhand gewinnen. Zugleich ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass Kinder nicht ständig mit Nachrichten zum Ukraine-Krieg „bombardiert“ werden. Dies tut im Übrigen auch den Erwachsenen gut.

Hilft es, gerade mit Kindern Aktionen zu starten, um „etwas zu tun“, zum Beispiel zu spenden oder gemeinsam auf Demonstrationen zu gehen?

Dies trifft in jeder Hinsicht zu. All dies sind Zeichen der Hoffnung. Diese bedeuten: Die Situation ist schrecklich, aber – wir sind nicht hilflos, sondern können etwas tun. Zugleich machen solidarische Aktionen deutlich: Moralische Werte sind stärker als der menschenverachtende Zynismus des russischen Aggressors und derer, die ihm seit vielen Jahren die Kriegskasse gefüllt haben.

Und das gemeinsame Gebet?
Das Gebet kann selbstverständlich eine große Hilfe sein. Auch wenn diese Perspektive gerne unterschlagen und zum alten Eisen geworfen wird: Es ist psychologisch gesichert, dass gläubige Menschen in Situationen der Hilflosigkeit und Ohnmacht Trost und Hoffnung erfahren, weil sie auf das Wirken einer göttlichen Macht vertrauen können. Daher sind entsprechende Rituale wie das Entzünden einer Kerze und das Gebet angesichts der gegenwärtigen Krisensituation dazu in der Lage, Halt und Orientierung zu geben. Dies gilt auch für das Gebet für die vielen Kriegstoten. Insgesamt hat die psychologische Forschung gezeigt: Religiosität ist eine der stärksten Faktoren, um psychische Stabilität zu erreichen.


Interview: Peter Esser

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