Werteorientierte Sexualpädagogik: Das MFM-Programm an Schulen
Das MFM-Programm umfasst verschiedene Workshops für unterschiedliche Altersgruppen, z.B. für Grundschüler in der vierten Klasse „KörperWunderWerkstatt“. Foto: Angelika Netter.
Angelika Netter, Leiterin des MFM-Programms, und Referent Chritsoph Mauerer. Foto: Bernhard Löhlein.
Sexualpädagogik ist ein sensibles Thema, das immer wieder für Diskussionen sorgt. Wie spricht man mit Kindern und Jugendlichen altersgerecht über die Veränderungen ihres Körpers, über Fruchtbarkeit und Sexualität? Wie vermittelt man Wissen, ohne zu verunsichern oder zu bevormunden? „My Fertility Matters“(auf Deutsch: „Meine Fruchtbarkeit zählt“ – kurz MFM) geht genau diese Fragen seit nunmehr 25 Jahren an – mit einem wertorientierten, wissenschaftlich fundierten Ansatz.
Ein Programm mit Geschichte und Vision
1999 entwickelte die Ärztin Elisabeth Raith-Paula in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Ehe und Familie der Erzdiözese München und Freising den ersten MFM-Workshop: „Die Zyklusshow“, ein Aufklärungsangebot für Mädchen, das die Vorgänge des weiblichen Körpers auf eine anschauliche und positive Weise erklärt. Bald wurde deutlich, dass auch Jungen ein solches Angebot brauchen, und so entstand „Agenten auf dem Weg“, das Pendant für männliche Schüler.
Mittlerweile umfasst MFM verschiedene Workshops für unterschiedliche Altersgruppen: Für Grundschüler in der vierten Klasse „KörperWunderWerkstatt“, bei den weiterführenden Schulen (5./6. Klasse): „Zyklusshow“ und „Agenten auf dem Weg“, sowie für Jugendliche von der 8. Bis zur 10. Klasse: „WaageMut“. Dabei zieht sich ein Leitgedanke durch alle Programme, sagt Angelika Netter, die Leiterin des Fachbereichs werteorientierte Sexualpädagogik/MFM: „Nur was ich schätze, kann ich schützen.“ MFM möchte jungen Menschen nicht nur Wissen vermitteln, sondern ihnen auch einen wertschätzenden Blick auf ihren Körper und ihre eigene Sexualität mitgeben.
Anschaulich, interaktiv und ohne Tabus
Ein zentraler Bestandteil des MFM-Ansatzes ist die interaktive Gestaltung der Workshops. Anstatt trockene Fakten vorzulesen, setzen die Referentinnen und Referenten auf anschauliche Materialien. So wird Wissen nicht nur aufgenommen, sondern regelrecht „begreifbar“. Durch diesen Ansatz gelingt es, ein oft als unangenehm empfundenes Thema offen und entspannt zu behandeln. Das Ziel ist es, Wissen zu vermitteln und die Jugendlichen zu ermutigen, eigene, reflektierte Entscheidungen zu treffen.
Ein weiterer wichtiger Punkt bei MFM ist die Neutralität der Inhalte. Die Workshops verfolgen keine moralische oder ideologische Agenda, sondern basieren auf biologischen und medizinischen Fakten. „Wir geben keine Verhaltensregeln vor, sondern liefern Wissen als Entscheidungsgrundlage“, erklärt Referent Christoph Maurer. „Es geht um biologisches Faktenwissen – aber so vermittelt, dass es begeistert. Die Schüler und Schülerinnen sollen verstehen, wie einzigartig ihr Körper ist. Erst wenn sie das erkennen, können sie verantwortungsvolle Entscheidungen treffen.“
Hohe Nachfrage und positive Resonanz
Das Konzept kommt an: Viele Schulen möchten die MFM-Workshops in ihr Programm aufnehmen. „Wir haben mehr Anfragen, als wir bedienen können“, sagt Angelika Netter. Vor allem Lehrerinnen und Lehrer schätzen die Unterstützung in einem Bereich, der oft Unsicherheiten mit sich bringt. Wie z.B. Sigrid Bauer. Für die Zweitkraft in der 9. und 10. Klasse in der Montessori Schule in Eichstätt bedeuten die Einheiten eine große Entlastung: „Je älter die Schüler werden, umso peinlicher ist es gegenüber der Lehrkraft, offen zu sein. Ich bin erstaunt, wie schnell die Kinder Hemmungen ablegen und aktiv mitmachen.“ In der Tat: Die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler sprechen ebenfalls für den Erfolg des Programms „Am Anfang war ich nervös, aber dann fand ich es richtig spannend. Ich habe viel über meinen Körper gelernt, was ich vorher nicht wusste.“ Oder: „Ich dachte erst, das wird peinlich, aber es war eigentlich ziemlich cool. Man konnte alle Fragen stellen, ohne sich doof zu fühlen.“ Solche Reaktionen bestärken Angelika Netter: „Bei diesen Rückmeldungen merken wir: Es lohnt sich.“
Solche Reaktionen zeigen, dass MFM nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Hemmschwellen abbaut und Selbstbewusstsein stärkt. Dabei wird auch auf die Rolle der Eltern eingegangen. Die Workshops ersetzen niemals das Gespräch der Eltern mit ihren Kindern, sondern möchten sie als wichtigste Bezugspersonen einbinden. Viele Schulen laden daher Eltern ein, sich vorab über die Inhalte zu informieren. Christoph Maurer: „Gerade Elternabende helfen, Vorurteile abzubauen. Wenn Eltern sehen, dass wir keinen erhobenen Zeigefinger haben, sondern ihren Kindern fundiertes Wissen mitgeben, sind sie oft erleichtert.“
Internationale Zusammenarbeit: Von Deutschland nach Afrika
Doch MFM ist längst nicht mehr nur in Deutschland aktiv. In Zusammenarbeit mit dem Bistum Eichstätt gibt es mittlerweile auch Projekte in Burundi und anderen afrikanischen Ländern. „Sexualität und Körperbewusstsein sind universelle Themen. Auch dort ist der Bedarf an wertorientierter Aufklärung groß“, sagt Netter. Durch die internationalen Kooperationen wächst MFM stetig weiter und passt seine Inhalte an die kulturellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der jeweiligen Länder an.
Ein Bildungsprogramm der katholischen Kirche
Das MFM-Programm zeigt seit 25 Jahren, dass Sexualpädagogik offen, wertschätzend und ideologiefrei gestaltet werden kann. Die Workshops helfen Kindern und Jugendlichen, ihren Körper zu verstehen und bewusste Entscheidungen für ihre Zukunft zu treffen – frei von Scham, aber voller Respekt. Für viele Schülerinnen und Schüler sind die MFM-Workshops eine der ersten Gelegenheiten, sich auf eine unbefangene Art mit ihrem Körper auseinanderzusetzen. Und für Eltern und Lehrkräfte ist er eine wertvolle Unterstützung, um einen offenen Dialog über ein wichtiges Thema zu ermöglichen. Die große Nachfrage und die positiven Rückmeldungen zeigen: Ein solches Konzept wird gebraucht – heute mehr denn je.
MFM-Programm: Zahlen & Kontakt
In den vergangenen 25 Jahren nahmen deutschlandweit rund 1.230.090 Teilnehmende an MFM-Veranstaltungen teil, davon 67.515 im Bistum Eichstätt. Aktuell engagieren sich 57 MFM-Referentinnen und Referenten in der Diözese Eichstätt – weitere, insbesondere männliche, werden gesucht.
Weitere Informationen:
Fachbereich werteorientierte Sexualpädagogik/MFM
Luitpoldstraße 6, 85072 Eichstätt
Telefon: (08421) 50-692
Mail:mfm(at)bistum-eichstaett(dot)de
Bürozeiten: Mo – Fr, 8 – 12 Uhr
Die nächsten Termine
- Samstag, 21. Juni
- 09.00 UhrWir trauen uns - EhevorbereitungskursOrt: Diözesanjugendhaus HabsbergVeranstalter: Katholische Erwachsenenbildung (KEB) Neumarkt-Roth-Schwabach
- Samstag, 28. Juni
- 10.00 Uhr
- Donnerstag, 03. Juli
- 09.00 UhrFranziskanische Gemeinschaft - III. OrdenOrt: Wallfahrtskirche Maria Hilf FreystadtVeranstalter: Franziskanerkloster Freystadt