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Altweibersommer: Die warmen Tage sind gezählt, der Sommer neigt sich dem Ende entgegen, Blätter beginnen sich zu verfärben und überall sind draußen mit Tau besetzte Spinnenfäden zu entdecken. Ein Hauch von Abschied liegt in der Luft. In mir kommt melancholische Stimmung auf.

Genauso ist es bei mir, wenn ich an langen Regentagen leere Tische und Stühle vor den Cafés und Restaurants betrachte. Oder wenn ein heranziehendes Gewitter einen Badestrand leert und nur noch ein paar ganz Mutige bis zum Schluss bleiben. Wenn abends in Italien eine Kirche betrete und nur eine Hand voll alter Frauen leise die Abendmesse mitfeiert. Oder als ich schon vor Jahren den Krimi „Nebelfluss“ des italienischen Autors Valerio Varesi las. „Melancholie ist das Vergnügen, traurig zu sein“, fasst es der französische Schriftsteller Victor Hugo zusammen.

Ich mag jedenfalls diese Anflüge von Melancholie, diese Momente des Schwermuts und der Nachdenklichkeit, des Alleine-Seins und des Abschieds – auch wenn sie etwas von Weltschmerz, Wehmut und Sehnsucht haben. Sie sagen mir: Die Welt ist unfertig, das Leben unvollendet. Ein ständiges Hin und Her, ein Abschied-Nehmen und Neu-Beginnen prägen meine Existenz. All das hat seinen Sinn. Selbst das Schrumpfen, Verkümmern und Verblühen hat Sinn und einen ganz eigenen Sinn.

Vielleicht führt uns die Melancholie auch die „Nachbarschaft des Ewigen“ vor Augen, wie der katholische Religionsphilosoph Romano Guardini einmal erklärte. Sie macht mich sensibler für das Abgebrochene und das Unfertige und lässt mich etwas von der Vollendung erahnen. Es mag ja ein Luxus sein, sich solche melancholische Momente zu gönnen. Doch gerade in dieser Stimmung kann ich etwas von Gott und der Größe seiner Schöpfung erahnen – und Kraft tanken für schwere Momente, die noch vor mir liegen. Ich hoffe daher, dass es auch heuer wieder einen richtigen Altweibersommer gibt, den ich genießen kann.

Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg

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