Einladung zu einem gelingenden Leben: Kommentar zu vier Jahren Corona-Pandemie
In dieser Woche jährt es sich zum vierten Mal, dass das Corona-Virus „deutschen Boden betrat“. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran: Eine Geschäftsreisende hatte das Virus von China mitgebracht und zuerst einen ein 33 Jahre alten Mitarbeiter der Firma Webasto angesteckt. Innerhalb kürzester Zeit waren 13 weitere Angestellte des Automobil-Zulieferers infiziert. Im Laufe des Februars 2020 nahm die Pandemie dann – dank Skiferien in Ischgl und Karneval in Heinsberg – auch in unserem Land volle Fahrt auf. Entsetzt waren wir damals vor allem über die Bilder, die uns aus Italien erreichten: Abgesperrte Ortschaften, überforderte Kliniken, überlastete Mediziner, unzählige Todesopfer und die Särge von Corona-Toten auf Militär-Lastwägen. Es dauerte nur noch wenige Wochen, bis es dann auch bei uns zu einem Lock-Down kam. Es traf uns alle unvorbereitet: die Politik und die Behörden, den Zivil- und Katastrophenschutz, das Gesundheitswesen, die gesamte Verwaltung, unser Bildungssystem, die Arbeitsstätten. Das Schließen und Zuhause-Bleiben war eine logische Konsequenz. Angst und Ungewissheit blieben. Auch als die Türen von Kirchen, Schulen, Schwimmbädern, Theatern und Museen schon längst wieder geöffnet würden konnten, sorgte führte das Virus Welle für Welle zu neuen Todesfällen und Langzeiterkrankungen, aber auch zu neuen Isolationen und Ausgangssperren. Das Thema „Impfen“ schließlich spaltete die Gesellschaft wie kein zweites.
In den Kirchen wurde später diskutiert, ob der Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit gestattet war und ob man sich von den staatlichen Pandemie-Regeln zu sehr habe gängeln lassen. Gerade in der Zeit der Krise hätten die Menschen Hilfe und Zuspruch besonders nötig gehabt. Allerdings ist dies nur ein Teil der Wahrheit: Nachdem keine Gottesdienste mehr gefeiert werden konnten wurden Pfarrgemeinden und kirchliche Einrichtungen richtig kreativ: Hilfen für die religiöse Praxis zuhause, offene Kirchen, Einkaufsdienste für Kranke und Isolierte, Verkündigungsbeiträge in den Medien, Social-Media-Auftritte und Live-Stream. Später wurden vor Ort interessante OpernAir-Angebote kreiert, die vorher außerhalb unserer Fantasie lagen. Der Wunsch und der Wille, bei den Menschen zu sein und Ihnen die Frohe Botschaft zu bringen, setzte bei vielen kirchlichen Mitarbeitern Kräfte frei. Ihr Engagement wurde zum Trost und Hoffnungszeichen für eine Gesellschaft, die sich nach drinnen zurückziehen musste und mit Isolation zu kämpfen hatte.
Sobald aber Lockerungen möglich waren, wurde der Wunsch größer, nach dem Gewohnten und Üblichen zurückzukehren. Wann können wir wieder uneingeschränkt Gottesdienst feiern, war von 2021 bis 2023 die wohl am häufigsten gestellte Frage in den Pfarr- und Kirchengemeinden. Doch die Enttäuschung war gleichzeitig groß: Die Menschen kamen nicht mehr in die Gottesdienste zurück. Die Herde derer, die Sonntag für Sonntag an den Gottesdiensten teilnehmen, ist kleiner geworden. Das sorgte bei vielen Hauptberuflichen und Ehrenamtlichen der Kirche für Frust und Enttäuschung. Wir müssen ehrlich sein: Auch vor der Pandemie war die katholische Kirche bei uns schon ein Risikopatient – teilweise auch selbst verschuldet. Nicht alle wollten es wahrhaben.
Natürlich sind wir alle heilfroh, dass wir die Zeit der Infektionsschutz-Maßnahmenverordnungen endlich hinter uns lassen konnten und dass nun wieder ein unbeschwertes Miteinander möglich ist. Doch wie sieht unser kirchliches Leben nun aus? Sonntagsgottesdienste, Sakramentenvorbereitung, Fronleichnamsprozession und Pfarrfest, vereinzelt noch etwas Jugend- oder Bildungsarbeit. Freiwillige Einkaufsdienste für Hilfsbedürftige aber oder Willkommensleute an den Kirchentüren, kreative Gebetseinladungen oder meditative Musik in Gotteshäusern, Speisensegnung unter freiem Himmel oder OpernAir-Gottesdienste im Grünen – all das ist zwischenzeitlich wieder eingeschlafen. „Wir werden nach Corona eine andere Kirche sein“ – diese Aussage eines Pfarrers las ich 2020 einmal in einer Kirchenzeitung. Doch die Realität zeigt uns: Die Pandemie hat wenig verändert. Die Krisensymptome sind die gleichen wie zuvor. Das Desinteresse an den Kirchen wurde eher noch verstärkt. Der Frust bei den Mitarbeitern steigt, während die finanziellen, baulichen und personellen Ressourcen mehr und mehr schwinden.
In dieser Woche beging die Kirche auch den Gedenktag des heiligen Johannes Don Bosco (1815—1888). Der italienische Priester galt als unverbesserlicher Optimist. Mit einer gehörigen Portion Gottvertrauen widmete er sein Leben in Turin den Jugendlichen, die im beginnenden Industriezeitalter auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben in der Stadt auf der Strecke geblieben waren. Revolutionär zur damaligen Zeit ist sein Erziehungsstil, der auf Liebe, Einsicht, Glaube und Prävention statt auf harte Strafen setzte. Don Bosco bot den jungen Menschen ein offenes Haus und liebevolle Zuwendung, Wertschätzung und Gemeinschaft, Bildung und Spiritualität. Den jungen Menschen bot er Möglichkeiten zum Leben, zum Spielen, zum Lernen und zum Einüben des Glaubens. Er befähigte die Jugendlichen nicht nur zu einer eigenen Glaubenspraxis, sondern auch zu beruflichem Einsatz und gesellschaftlichem Engagement.
Könnte darin nicht ein Schlüssel für die Entwicklung der Kirche liegen: Ein offenes Haus bieten, einladend und liebenswürdig sein, Räume für’s Spielen, Lernen und Begegnen schaffen, die aktuellen Krisen und Nöte der Menschen ernst nehmen, den Glauben altersgerecht praktizieren und zugleich den Alltag mit all seinen Sorgen und Nöten nicht aus den Augen verlieren, Menschen zu einem Leben im Glauben befähigen? Oder kurz: Mehr Einladung als Pflicht, mehr Lob als Strafe, mehr Offenheit statt hohe Hürden, mehr Lernen statt Unterweisen, mehr Spiel statt tierischer Ernst – dazu eine Brise Humor und Lockerheit. Sich selbst nicht zu wichtig nehmen. Unser Glaube ist mehr als Prinzipien, Gebote und feste Rituale. Er ist eine Einladung zu einem gelingenden Leben: mit Gott und mit all unseren Nächsten. Vielleicht kann uns diese Grundhaltung weiterhelfen, wenn es darum geht, auch nach Corona noch Menschen für die Frohe Botschaft zu begeistern.
Dekanatsreferent Christian Schrödl, Neumarkt/Habsberg
Die nächsten Termine
- Montag, 29. April
- 18.00 Uhr„Kirche in der Welt von heute“: „Tag der Diakonin“Ort: Wallfahrtskirche Mariä Namen - TrautmannshofenVeranstalter: Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB) im Bistum Eichstätt
- Samstag, 04. Mai
- 10.00 Uhr
- Sonntag, 05. Mai
- 17.00 UhrZum Glück gibt es Wege - Anselm Grün & Clemens BittlingerOrt: Pfarrheim St. Elisabeth Postbauer-HengVeranstalter: Pfarrei Postbauer-Heng
- Montag, 06. Mai
- 19.00 UhrÖkumenisches FriedensgebetOrt: Ecclesia NeumarktVeranstalter: Ökumenischer Arbeitskreis Religionsfreiheit
- Samstag, 11. Mai
- 14.30 UhrDiözesaner KinderchortagVeranstalter: Stabsstelle Amt für Kirchenmusik
- Sonntag, 12. Mai
- 19.00 UhrÖkumenischer Gedenkgottesdienst für die im Klinikum VerstorbenenOrt: Klinikkapelle NeumarktVeranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt
- 19.30 UhrKlassik im Kloster - Ein Abend mit BrahmsOrt: Kloster Plankstetten - Gäste und TagungshausVeranstalter: Benediktinerabtei Plankstetten
- Freitag, 17. Mai
- 09.30 Uhr
- 10.00 Uhr
- 19.00 Uhr„Don Kosaken Chor Serge Jaroff“ - KonzertOrt: Pfarrkirche St. WillibaldVeranstalter: Pfarrverband Neumarkt-West
- Samstag, 18. Mai
- 09.30 Uhr
- 10.00 Uhr
- Montag, 03. Juni
- 19.00 UhrÖkumenisches FriedensgebetOrt: Pfarrheim St. Willibald WoffenbachVeranstalter: Ökumenischer Arbeitskreis Religionsfreiheit
- Samstag, 08. Juni
- 09.30 Uhr
- Samstag, 22. Juni
- 10.00 Uhr
- Sonntag, 14. Juli
- 19.00 UhrÖkumenischer Gedenkgottesdienst für die im Klinikum VerstorbenenOrt: Klinikkapelle NeumarktVeranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt