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25.05.2020

INNE HALTEN in der Krise: Bitt-Tage

Foto: Klaus Herzog, in: pfarrbriefservice.de

Neumarkt (dbnm) - Der Neumarkter Theologe Christian Schrödl arbeitet seit 2013 bei der Diözese Eichstätt als Dekanatsreferent für die beiden Dekanate Neumarkt und Habsberg und engagiert sich ehrenamtlich in der Münsterpfarrei St. Johannes. Aus Anlass der Bitttage beschäftigt er sich mit der Wirkung des Gebetes.


INNE HALTEN – Bitt-Tage

Mit Kreuz oder Fahne an der Spitze einer Prozession Jahr für Jahr wieder von der Neumarkter Pfarrkirche Heilig Kreuz zum Ortsteil Labersricht zu ziehen und vor der dortigen Kapelle einen von der Blasmusik festlich umrahmten Bittgottesdienst zu feiern, ist eine der lebendigsten Erinnerungen an meinen Dienst als Ministrant.  Wenn in diesen Tagen zwar Prozessionen nicht möglich sind, so werden dennoch in vielen Pfarreien an Christi Himmelfahrt und den tagen davor die „Bitttage“ begangen:  Der ursprüngliche Kern der Prozessionen waren Flurumgänge, bei denen um eine gute Witterung und reiches Wachstum im laufenden Jahr gebetet wurde. Oftmals wurden Unwetter und Dürre auch als  „Strafe Gottes“ verstanden.  Später kaum der Gedanke dazu, für „um Segen für die Arbeit“ oder „um Hilfe in jeder Not“ zu beten. Bis ins Mittelalter geht auch der Brauch des „Wettersegens“ am Ende der Messfeier zurück, bei dem um gedeihliches Wetter für die Ernte und um die Verschonung vor Unwettern und Katastrophen gebeten wird. Wetterläuten, Hagelprozessionen, Schauerkerzen – der Übergang zwischen Volksfrömmigkeit und Aberglaube war und ist es auch heute noch manchmal fließend.

Auch so manche Fürbitte verleitet dazu, eine schnelle Verwirklichung durch einen „lieben“, „barmherzigen“ oder „gnädigen“ Gott zu erwarten.  Er leite den Papst  und die Bischöfe im starken Glauben,  zeige den Regierenden den rechten Weg, binde die diesjährigen Firmlinge an das pfarrliche Leben, unterstütze die Eltern bei der christlichen Erziehung, helfe gegen Einsamkeit und die Tücken des Alters, lasse Kranke schnell wieder genesen… Manchmal entsteht der Eindruck, man müsse nur genug beten, damit Gott unsere Bitten erhört. Außerdem solle der „menschenfreundliche“ Gott für weltweite Gerechtigkeit sorgen, die Anwesenden zu einem Handeln in Frieden und Gerechtigkeit  ermuntern und die Verstockten wieder auf den Weg des Glaubens zurück finden. All das, was uns gerade ein Anliegen ist, wird sicherlich der Wille Gottes sein. Erwarten wir von IHM im Himmel ein Wunder nach dem nächsten?

Haben wir nicht genug oder gut genug gebetet, wenn wir, wie in diesen Tagen,  von einer Seuche heimgesucht werden? Will Gott uns strafen? Sind ihm unsere Anliegen gleichgültig? Hört er vielleicht gar nicht auf uns? Müssen wir nur mehr, besser, intensiver beten, dass „dieser Kelch an uns vorüber geht“? Brauchen wir derzeit noch mehr Rituale, Bittämter und Segensgebete? Ein Geistlicher in unserem Dekanat betonte neulich in seiner Predigt eigens, wir müssten mehr beten, um das Unheil einer Pandemie von der Gesellschaft und das der Hölle von uns selbst abzuwenden. Was möchte dieser Gott von uns? Braucht er unsere Opfer, Rituale und Gebete?

Ich verstehe die Heilige Schrift als große Einladung, mich auf die (Liebes-)Beziehung einzulassen, die Gott mir anbietet. Ich darf Jesus als Freund und Bruder, als Retter und Erlöser, als Heiland und Herr immer mehr kennen und lieben lernen. Das Gebet ist Beziehungspflege, formulierte neulich Pfarrer Martin Hermann auf dieser Dekanatshomepage. Wenn ich dieses Geschenk annehme, weitet sich mein Horizont, nehme ich meine Mitmenschen in den Blick und öffne mich selbst für ihre Anliegen und Nöte. Es tun sich mir die Augen auf, wo auch ich erwünscht oder gefordert bin.

Der große Arzt und Theologe Albert Schweitzer (1875—1965) sagte einmal: „Gebete verändern nicht die Welt, Gebete verändern den Beter. Und Beter verändern die Welt.“ Wenn ich im Gebet vom Geist und der Liebe Jesu anstecken lasse, kann sich etwas zum Guten wandeln, kann Erlösung erfahrbar und der Himmel spürbar werden. Fürbitte heißt dann also: Der Führung Gottes vertrauen, auf seine Hilfe hoffen, meine Mitmenschen seiner liebenden Fürsorge zu überlassen. Auch und gerade in Corona-Zeiten!

Wenn alles von Gott geschaffen, ermöglicht oder in Kauf genommen wurde, liegt auch ein tieferer Sinn hinter allem. Nicht immer kann ich ihn erschließen. Aber selber Liebe zu schenken – das vermag ich immer. Eigentlich genügt mir dafür folgendes kurze Gebet genügen, das der heilige Franz von Assisi einmal formulierte: „Herr, gib mir die Kraft, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, die Gelassenheit, das Unabänderliche zu ertragen, und die Weisheit, zwischen diesen beiden Dingen die rechte Unterscheidung zu treffen.“

Ist das nicht Christ-sein: Nichts ableisten, erledigen und einhalten zu müssen, sondern sich von der Liebe Gottes berühren zu lassen? Lädt mich nicht dazu diese Pandemie (wieder) ein?

Passen Sie gut auf sich auf!

Ihr Christian Schrödl

 


In der Reihe "INNE HALTEN" wurden zuletzt veröffentlicht:

11.5.2020 - INNE HALTEN - "Was vermisse ich?" von Christian Schrödl

5.5.2020 - INNE HALTEN - "Welche Exit-Strategie?" von Stefan Wingen

28.4.2020 - INNE HALTEN - "Schweige und höre!" von Pater Krzysztof Labak CSsR

21.4.2020 - INNE HALTEN - "Ein Virus, der auf die Sprünge hilft" von Markus Fiedler

15.4.2020 - INNE HALTEN - "Augen und Herzen neu öffnen" von Christian Schrödl

9.4.2020 - INNE HALTEN - "Von guten Mächten..." von Klaus Eifler

6.4.2020 - INNE HALTEN - "Auf ihn sollt ihr hören!" von Clemens Bombeck

3.4.2020 - INNE HALTEN - "Gemeinschaft und Individualität..." von Stefan Wingen

1.4.2020 - INNE HALTEN - "Berühren, aber nicht anfassen!" von Christian Schrödl

30.3.2020 - INNE HALTEN - "Risikopatient Kirche?" von Christian Schrödl

28.3.2020 - INNE HALTEN - "Öffne deine Sinne!" von Klaus Eifler

26.3.2020 - INNE HALTEN - "Kommunionhelfer gebraucht?!" von Christian Schrödl

19.3.2020 - INNE HALTEN - Christian Schrödl zum Josefstag

Die nächsten Termine

Montag, 03. Juni
19.00 Uhr
Ökumenisches Friedensgebet
Ort: Pfarrheim St. Willibald Woffenbach
Veranstalter: Ökumenischer Arbeitskreis Religionsfreiheit
Samstag, 08. Juni
09.30 Uhr
Sonntag, 09. Juni
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"Duo Hymnus" : Sopran & Orgel
Ort: Pfarrkirche St. Petrus Kastl
Veranstalter: Pfarrverband Illschwang-Kastl-Ursensollen
Samstag, 22. Juni
10.00 Uhr
Sonntag, 14. Juli
19.00 Uhr
Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die im Klinikum Verstorbenen
Ort: Klinikkapelle Neumarkt
Veranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt
Sonntag, 28. Juli
13.30 Uhr
Sonntag, 15. September
19.00 Uhr
Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die im Klinikum Verstorbenen
Ort: Klinikkapelle Neumarkt
Veranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt
Sonntag, 27. Oktober
17.00 Uhr
Gedenkkonzert zu Ehren der Lauterhofener Korea-Missionare
Ort: Pfarrkirche St. Michael Lauterhofen
Veranstalter: Pfarrverband Lauterhofen
Sonntag, 03. November
13.30 Uhr
Kirchenführung Münster St. Johannes mit Schwerpunkt "Isenheimer Altar"
Ort: Münster St. Johannes Neumarkt
Veranstalter: Tourist-Information Neumarkt
Sonntag, 17. November
17.00 Uhr
Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die im Klinikum Verstorbenen
Ort: Klinikkapelle Neumarkt
Veranstalter: Klinikseelsorge Neumarkt